Guten Tag,

die Nationale Armutskonferenz ist eine Veranstaltung, in der in der Hauptsache Wohlfahrtskonzerne an einem Tisch sitzen, deren Geschäftsfeld im wesentlichen in der Armut und den damit verbundenen Problemen besteht. Die Funktion der NAK besteht darin, mit den Geldgebern - also der Regierung - darüber zu verhandeln, unter welchen Bedingungen in diesem Geschäftsfeld gearbeitet werden soll. Um dieses Anliegen möglichst plausibel vorzutragen, sitzen noch Fachverbände - wie die BAG Wohnungslosenhilfe und andere - und sogenannte Betroffenenvertreter - also Berufsbetroffene mit am Tisch.

Um eine wirkliche Armutsbekämpfung geht es in diesem Gremium nicht - und eine solche wird unter diesen Umständen auch nie erreichbar sein. Es geht vielmehr um die Bedingungen der Armutsverwaltung und der Armutsökonomie. Auch dafür muss es anscheinend eine Lobby geben.

Wer also als armer Mensch sich an diesem Geschäft beteiligen will, wer Lust auf elendig öde Sitzungen hat, wer sich mit detailirten Spezialproblemen und deren Lösung herumschlagen will und wer Spaß daran hat, staubtrockene und sterbenslangweilige Positionspapiere zu lesen, ist damit bestens bedient. Es winkt die Gelegenheit, vielleicht mal der Kanzlerin oder einem Minister die Hand zu schütteln, vom Bundespräsidenten eingeladen zu werden oder mal zu einem Arbeitstreffen mit Referenten im Ministerium. Es ist ja auch gar nicht mal schlecht, in die eine oder andere Stadt zu dieser oder einer anderen Sitzung eingeladen zu werden. Man kann sich wichtig fühlen und gebraucht.

Ich will das nicht abwerten, ganz im Gegenteil, auch eine solche Arbeit ist notwendig und sinnvoll. Aber sicher nicht für jeden.

Wir leben in einem kapitalistischen System, in dem der Reichtum weniger auf der Armut vieler beruht. Damit einher gehen Verwüstung der Natur, Ausplünderung der Rohstoffe, Ausbeutung menschlicher Arbeitskraft, Kriege, Rassismus, Versklavung, Duckmäusertum, staatliche Repression.

Deshalb sehe ich einen Schwerpunkt der Arbeit vom Armutsnetzwerk nicht in der Nationalen Armutskonferenz, sondern in zwei ganz anderen Punkten:

  • a) wir müssen besser und besser verstehen, wie dieses perverse System funktioniert, damit wir Klarheit darüber gewinnen, wie es nicht sein darf: Geldwirtschaft, Spekulation, Eigentumsverhältnisse, Herrschaft, Repressionen ....
    Wir sollten Kontakt zu Menschen suchen, die versuchen, das zu analysieren und die uns das erklären können ....
  • b) wir sollten uns mit Formen und Wegen beschäftigen, dieses System zu überwinden und Alternativen auszuprobieren. Gewaltfreier Widerstand, Tauschen, Schenken, Genossenschaften, Gewaltfreiheit, Teilen. Wir sollten lernen, wie wir widersprechen, nein sagen, aussteigen, Alternativen leben, Aufbrechen, anders miteinander umgehen.

Was diese beiden Punkte angeht, würde ich gerne im Armutsnetzwerk mitarbeiten. Weil das Spaß macht.

Und zum Schluss noch ein Gedanke: Wenn wir etwas ändern wollen, müssen wir auch etwas riskieren.
In diesem Sinne wünsche ich ein schönes Wochenende.

Herzliche Grüße

Berlin, 05.02.2016

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